Die 1961 geborene Autorin Helga Bürster ist in einem Dorf in der Nähe von Bremen geboren und lebt heute auch wieder dort.
In ihren Romanen stehen Menschen im Mittelpunkt, deren Schicksal von historischen Ereignissen, wie dem Fall der Mauer oder die Weltkriege geprägt wurden. Ihr literarischer Durchbruch gelang 2019 mit dem Buch „Luzies Erbe“, in dem sie von einer hoffnungslosen Liebe im Zweiten Weltkrieg erzählt.
Der neue Roman spielt Ende der 40er Jahre in einem Dorf namens Unnenmoor. Das Dorf liegt in einer sehr abgesonderten und unzugänglichen Moorgegend und die Menschen leben hier noch wie im 19. Jahrhundert. Viele Männer sind aus dem Krieg nicht zurückgekehrt und ihre Frauen wissen nicht, ob sie noch leben. Es herrscht eine große Verunsicherung darüber, was die Zukunft bringen wird. Während Wanderprediger durchs Land ziehen und den Weltuntergang verkünden und die Menschen noch an ihrem Aberglauben festhalten, zieht auch der Fortschritt ins Dorf ein: Das Moor soll trockengelegt werden.
Edith ist eine der Dorfbewohnerinnen. Sie näht Kleidung und bessert sie aus. Sie kommt für sich und ihre elfjährige Tochter Betty so gerade über die Runden, denn ihr Mann Otto gilt noch als vermisst, weshalb sie keine Hinterbliebenenrente bekommt.
Anni, eine andere Dorfbewohnerin, teilt ein ähnliches Schicksal und die beiden Frauen haben sich in den vergangenen Jahren gegenseitig unterstützt. Annis Mann Joseph kehrt aus dem Krieg zurück. Ihm mussten beide Beine amputiert werden und er hat sein Gedächtnis verloren. Die Erinnerungen kehren zurück, er verfällt dem Alkohol und der Hof von ihm und seiner Frau verwahrlost zusehends. Außerdem ist er seit seiner Rückkehr wie besessen von der schönen Edith. Anni ist davon überzeugt, dass Edith mit schwarzer Magie am Werk ist.
Viele der Dorfbewohner halten am alten Glauben fest und lassen sich schnell überzeugen, dass die vermeintliche Hexe auch bei anderen Dingen ihre bösen Finger im Spiel hat.
Helga Bürster hat einen atmosphärisch dichten Roman geschrieben. Wir werden ins mystische Moor entführt, wo die Menschen noch an die „Töwersche“ glauben und Wanderprediger auf Handelsvertreter treffen, die Artikel für die Ehehygiene verkaufen. Die Welt befindet sich im Umbruch.
Mir war nicht bewusst, wie tief verankert der Aberglaube nach dem Krieg noch war und doch erinnerte ich mich an vielen Stellen an Geschichten, die mir meine Oma über Brandmal- und Warzenbeschwörer erzählt hatte.
Ein mitreißendes Buch, in dem die Vergangenheit auflebt und das zum Schluss noch einen großen und gelungenen Bogen in die Gegenwart macht.
Als wir an Wunder glaubten von Helga Bürster
Insel Verlag, ISBN 978-3-458-64388-3, 285 Seiten